Die färöische Landschaft ist zu großen Teilen Kulturlandschaft und seit der Erstbesiedlung durch irische Einsiedlermönche im 7. Jhdt., weitaus intensiver dann seit der Landnahme im 10. Jhdt. durch menschliche Aktivitäten überformt. So finden sich an vielen Orten des Archipels Bau- und Bodendenkmäler aller Art, vom wikingerzeitlichen Bauernhöfen über Thingstätten, uralte Wege und ihre Markierungen, Fluchtorte im Gebirge, in die sich die Menschen bei Piratenangriffen zurückzogen bis hin zu historischen Stein- und Holzbauten, wie sie etwa in Kirkjubøur auf Streymoy als besonders schönes Ensemble erhalten sind. Archäologen und Historiker haben in den letzten 100 Jahren zahlreiche Bauten und Artefakte sichern und für die Nachwelt auswerten können, vieles jedoch blieb bis heute unentdeckt und erforscht, so dass auch weiterhin mit spannenden Funden gerechnet werden darf. Die bau- und bodenarchäologischen Funde auf den Färöern sind in einer Vielzahl von Büchern und Aufsätze dokumentiert worden; ein auch nur halbwegs vollständiges Inventar liegt jedoch für die Färöer noch nicht vor. Für die Insel Nólsoy zumindest wurde diese Lücke nun durch ein neues Buch des dänischen Archäologen und Färöerexperten Steffen Stummann Hansen geschlossen. Sein Werk mit dem Titel På vandring i Nólsoys fortid [Auf Wanderschaft durch die Vorzeit Nólsoys] bietet einerseits ein gründlich recherchiertes und reich illustriertes Inventar aller bedeutender Bau- und Bodendenkmäler der Insel und fasst damit die bisherigen Forschungen in überzeugender und auch für den Laien gut verständlicher Form zusammen. Andererseits kann das Werk als Reise- oder Wanderführer dienen und bietet dem interessierten Besucher faszinierende neue Möglichkeiten, die gut erwanderbare Insel zu erkunden. Das Buch beginnt mit einer konzisen Einführung in die Topographie Nólsoys. In diesem Kapitel findet der Leser auch eine Luftaufnahme, auf der die Bau- und Bodendenkmäler Nólsoys verortet sind. Im 2. Kapitel, Antikvarer på og omkring Nólsoy [Altertumsforscher auf und um Nólsoy], bietet Stummann Hansen einen Abriss der archäologischen Erforschung Nólsoys, die mit den Forschungen und Aufzeichnungen des dänischen Altertumsforschers Carl Christian Rafn (1795-1864) und des färöischen Sorenskrivers (Richters) und späteren Verwalters des königlichen Monopols, Jacob Nolsøe (1775-1869), begannen und bis heute fortdauert. Das Kapitel Fortidsminder på Nólsoy [Vorgeschichtliche Denkmäler auf Nólsoy] nimmt den größten Teil des Buches ein und umfasst gut 70 Seiten. In ihm beschreibt der Verfasser detailliert und anhand zahlreicher Fotografien und Zeichnungen 33 Bau- und Bodendenkmäler der Insel.
Das Werk macht Lust darauf, der gut erreichbaren Insel, die von Tórshavn aus täglich mehrfach angelaufen wird, einen Besuch abzustatten und sie ganz neu zu erkunden. Es gibt offensichtlich viel mehr zu sehen und zu entdecken, als wir bisher aus Reiseführern kannten. Das schöne Buch erschien 2008 im Verlag der Nólsoyer Geschichtsgesellschaft (Nólsoyar Fornminnisfelag), umfasst 103 Seiten und ist mit 300 Kronen nicht eben billig. Dies ist aber auch der einzige Wermutstropfen; ansonsten sei das Buch an dieser Stelle mit Nachdruck empfohlen.
Norbert B. Vogt in Tjaldur. Mitteilungsblatt des Deutsch-Färöischen Freundeskreise e. V. Týskt-Føroyskt Vinafelag. Nr. 42, p. 113-114. Mülheim/Ruhr 2009.